eine Ansammlung von Büchern in einem Buchregal
Creatives Schreiben

Regeln des Schreibens

Alles was hier niedergeschrieben steht, ist sicherlich in der einen oder anderen Form bereits geschrieben, in Fachbüchern veröffentlicht oder an Pinwände genagelt worden. Also, im Grunde steht hier nichts Neues. Manches ist gut, manches ist zwingend und manches trifft auch nicht zu, weil man einfach keine Lust hat immer nur sogenannte Regeln zu befolgen. Drauflos schreiben, spontan sich hinsetzen und die Gedanken einfach zu Worte werden lassen, sich zurücklehen und zufrieden sein. Das könnte auch eine Regel sein, denn sie fördert die Kreativität, die Phantasie und macht einfach zufrieden.

Alles was hier steht, soll eine Hilfstellung sein. So oder so nutzen alle Menschen die schreiben irgendwelche Regeln. Sind die erweiterbar? Sicherlich. Macht es Sinn noch hunderte Regeln aufzustellen?

Was sagt der Meister seinem Schüler, übe, jeden Tag. Alle brauchen Werkzeuge, aber nicht immer jedes zu jeder Zeit. Wann man allerdings das richtige Werkzeug benutzt und wie man es anwendet, daß ist das Geheimnis von Jahren des Ausprobierens.

Regel 1:

Irgendjemand muss irgendetwas wollen

Regel 2:

Was ihre Hauptfigur will, sollte wichtig sein. Diese Person sollte ihre Hauptperson sein

Regel 3:

Entwerfen Sie zuerst ihre Hauptfigur

Regel 4:

Ihre Hauptfigur hat eigene Wünsche und vielleicht ganz andere Sehnsüchte als Sie

Regel 5:

Es ist leichter eine Figur objektiv zu beschreiben, wenn sie einem selbst nicht entspricht

Regel 6:

Jeder Held braucht einen Gegenspieler

Regel 7:

Ein Gegenspieler muss nicht unbedingt böse sein

Regel 8:

Es ist leichter als Gegenspieler oder Hindernis einen Menschen zu wählen

Regel 9:

Es ist öfters zu Vorteil, den Gegenspieler und den Protagonisten zusammentreffen zu lassen, schon bevor die eigentliche Geschichte beginnt

Regel 10: Wenn Sie unsicher sind, ob etwas auch wirklich eine Verbesserung ist, sollten Sie nichts ändern

Regel 11:

Runde Charaktere erhalten Sie, indem Sie ihre Figuren durch konkrete Details beschreiben

Regel 12:

Wenn Sie eine Figur erfinden, geben Sie ihr nicht genau das Alter und Geschlecht von Menschen, die Ihnen nahe stehen

Regel 13:

Überraschungen sorgen für Spannung

Regel 14:

Die besten Überraschungen sind plötzlich auftauchende Hindernisse

Regel 15:

Eine Stoffsammlung ist keine Szene

Regel 16:

Leser begeistern sich schneller für einen aktiven Helden als für einen passiven

Regel 17:

Setzen Sie möglichst viel Dialog ein, als wollten Sie ein Theaterstück oder ein Drehbuch schreiben

Regel 18:

Ein Dialog ist weder ein wortgetreues Protokoll, noch muss er aus vollständigen Sätzen bestehen

Regel 19:

Auf jeder Seite muss Handlung sein

Regel 20:

Die Handlung einer Szene ist das, worauf Sie die Leser neugierig gemacht haben

Regel 21:

Verletzlichkeit macht eine Figur menschlicher

Regel 22:

Man kann die Charakterisierung einer Figur verfeinern, indem man sie aus den Augen einer anderen Figur betrachtet

Regel 23:

Wirklich interessante Charaktereigenschaften sind meist so komplex, dass sie auch von anderen unterschiedlich eingeschätzt werden

Regel 24:

Wählt man für den Erzähler die Perspektive einer bestimmten Figur, können die Leser nur sehen, hören und fühlen, was diese eine Figur sieht, hört und fühlt

Regel 25:

Was Figuren in Stresssituationen unbeabsichtigt sagen und tun, ist oft sehr aufschlussreich.

Regel 26:

Geben Sie sich nie mit ihrer ersten Idee zufrieden, auch wenn sie sich am Ende als die beste herausstellt

Regel 27:

Die freie Assoziation verwandter Wörter kann die Phantasie anregen

Regel 28:

Hindernisse, die Sie ihren Figuren in den Weg legen, sollten zu überwinden sein

Regel 29:

Wenn Sie eine Szene ausarbeiten, tun Sie es unabhängig von ihrer Stoffsammlung. Lassen Sie ihre Fantasie spielen

Regel 30:

Erzählen Sie uns nicht, was die Figuren empfinden. Lassen Sie uns selbst herausfinden, was sie fühlen und zwar aufgrund dessen, was die Figuren bewegt

Regel 31:

Zeigen Sie uns die Geschichte, erzählen Sie uns nichts darüber

Regel 32:

Die Beschreibung von Geräuschen sind wichtige Erzählelemente, auf die man nicht verzichten sollte

Regel 33:

Ein Ort lässt sich auch anhand von Dingen beschreiben, die dort nicht zu finden sind.

Regel 34:

Eine Beschreibung muss konkret, präzise und bildhaft sein

Regel 35:

Eine Schauplatzbeschreibung muss die Handlung vorantreiben

Regel 36:

Eine detaillierte Schauplatzbeschreibung aus der Perspektive einer Figur ist glaubwürdiger, wenn diese Figur den Ort gerade betritt oder wenn der Ort für sie neu ist

Regel 37:

Zeigen Sie ihre Figuren auf der Bühne, indem Sie, wann immer es möglich ist. Unmittelbare Szenen schreiben

Regel 38:

Eine narrative Zusammenfassung sollte den Leser möglichst schnell von einer unmittelbaren Szene zur nächsten führen

Regel 39:

Mit einer narrativen Zusammenfassung kann man schnell auf einen Konflikt zwischen den Figuren zusteuern.

Regel 40:

Eine narrative Zusammenfassung muss etwas zur Geschichte beitragen

Regel 41:

Spannung entsteht, wenn jemand in einem gewöhnlichen Umfeld etwas Ungewöhnliches oder Unerwartetes tut.

Regel 42:

Eine unmittelbare Szene ist filmisch. Der Leser sieht die Dinge vor sich wie eine Kamera, er hört den Dialog, als spiele alles auf einer Bühne

Regel 43:

Warten Sie nicht untätig auf die grosse Erleuchtung. Bauen Sie auf den Zufall und ihr Lexikon. Ein x-beliebiger Begriff kann ihre Einbildungskraft anregen

Regel 44:

Antwortet eine Figur auf eine Frage, soll sie diese in ihrer Antwort nicht wiederholen

Regel 45:

Ein Dialog gibt keine wirklichen Gespräche wieder, Dialog ist eigene Sprachform

Regel 46:

Figuren sollten keine Reden halten. Der Leser ist mit wenigen Worten emotional zu erreichen.

Regel 47:

Verschwenden Sie keine Zeile Dialog. Jede muss entweder eine Figur charakterisieren oder Spannung aufbauen oder die Handlung vorantreiben

Regel 48:

Dialoge sollten durch die Worte der direkten Rede charakterisiert werden, nicht dadurch, dass der Autor dem Leser erzählt, wie die Figuren mit einander reden

Regel 49:

Ein starker, provokativer Satz reicht, um dazu Figuren und Handlung zu erfinden

Regel 50:

Ein Autor muss lernen Charaktere zu entwickeln, die sich von ihm selbst deutlich unterscheiden

Regel 51:

Durch das, was eine Figur erstrebt, wird der Leser stärker angesprochen als durch ihr Aussehen

Regel 52:

Bis Ihnen die Techniken des Erzählens in Fleisch und Blut übergegangen sind, so lange ist es am einfachsten, sie sich in der Phase des Überarbeitens anzueignen, statt sie einfach für den ersten Entwurf vorzugeben

Regel 53:

Ein Wunsch kann negativ sein, nämlich der Wunsch, dass etwas nicht geschieht

Regel 54: Zwei sich ausschließende Wünsche sind die Grundlage eines dramatischen Konflikts

Regel 55:

In fast jeder Provokation, die sie gehört, erlebt oder sich ausgedacht haben, steckt eine Szene

Regel 56:

Unterbrechen Sie die Handlung nicht, um dem Leser etwas über die Figuren zu erzählen. Die Figuren sollten sich durch das, was sie sagen und tun, dem Leser offenbaren

Regel 57:

Als Autor müssen Sie über ihre Figuren viel mehr wissen, als der Leser jemals über sie erfahren wird. Aber nur so finden Sie das Wesentliche, dass der Leser unbedingt wissen muss

Regel 58:

Überflüssiges zu streichen macht den Text stärker

Regel 59:

Bei den großen Schriftstellern zählt jedes Wort

Regel 60:

Ein Satz wird meist stärker, wenn man von zwei aufeinander folgenden Adjektiven eines streicht.

Regel 61:

Adjektive, die den Leser neugierig machen, treiben die Geschichte voran

Regel 62:

Formulierungen, die beim Leser die Frage nach dem Warum oder Wie provozieren, bringen ihn dazu weiterzulesen

Regel 63:

Worte entsprechend ihrer Wortbedeutung einzusetzen zeichnet einen Schriftsteller aus

Regel 64:

Beim Kürzen überflüssiger Wörter ist darauf zu achten, nicht die visualisierenden Elemente zu streichen, die dem Leser ein konkretes Bild vermitteln sollen

Regel 65:

Streichen Sie beim Kürzen die Wörter, ohne die der Satz an Kraft gewinnt

Regel 66:

Mit jedem gestrichenen sehr, gewinnt der Text, in dem es stand

Regel 67:

Stehen zwei Adverbien bei einem Verb, wird der Satz meist stärker, wenn man eins streicht

Regel 68:

Adverbien und Adjektive aus einem Text zu streichen macht diesen meist stärker

Regel 69:

Wenn man überflüssige Adjektive und Adverbien streicht, kommt die Stimme des Erzählers besser zum Ausdruck

Regel 70:

Eins plus eins ist ein halb besagt: Eine Wiederholung hat eher einen abschwächenden Effekt als einen stärkeren

Regel 71:

Vermeiden Sie Klischees, weil überstrapazierte Formeln den Leser kaum noch oder gar nicht mehr ansprechen

Regel 72:

Hinter Klischees steckt ein träger Geist. Schreiben heißt arbeiten

Regel 73:

Eine Figur, die in Klichees denkt, ist für den Leser weniger individuell und damit weniger glaubwürdig als eine Figur, deren Gedanken und Bilder neu und überraschend sind

Regel 74:

Wenn man seinen Text auf Papier vor sich liegen hat, sieht man oft noch Schwächen und Fehler, die einem am Bildschirm entgangen sind

Regel 75:

Dialoge zwingen dazu, unmittelbare Szenen zu schreiben

Regel 76:

Dialoge mit visuellen Elementen, die nicht klischeehaft sind, ergeben für den Leser eine Szene

Regel 77:

Jede Szene muss den Leser emotional ansprechen

Regel 78:

Ein Dialog gilt als visuelles Element, da sich der Leser die sprechenden Figuren szenisch vorstellen kann

Regel 79:

Konkretes und Spezifisches lässt sich leichter visualisieren als Allgemeines

Regel 80:

Echos, die sich häufig in Dialogen finden, sind überflüssig und sollten eliminiert werden

Regel 61:

Wie für die Echos, gilt auch für alles Überflüssige: Im Zweifelsfalle streichen

Regel 82:

Gegenfragen oder Anspielungen sind dramatischer als direkte Antworten

Regel 83:

Ein schlagfertiger Wortwechsel erhöht Spannung und Tempo, während Echos den Dialog verlangsamen

Regel 84:

Dialoge, in denen der Antwortende auf den Fragenden nicht eingeht, steigern die Spannung der Szene

Regel 85:

Wenn Sie Dialog überarbeiten und verbessern, sollten Sie immer auch die Dramatik der Szenen zu steigern versuchen

Regel 86:

Eine Handlung lässt sich auch durch die Reaktion auf diese Handlung beschreiben

Regel 87:

Erwiderte und verlorene Liebe, das ist der Funke, der die Leidenschaften im Leser entzündet.

Regel 88:

Die Wirkung auf den Leser ist doppelt so stark, wenn Sie Beginn und Ende einer Liebe in einer Geschichte beschreiben

Regel 89:

Hüten Sie sich vor Sentimentalem. Ein Autor sollte sein Einfühlungsvermögen darauf richten, die feineren Gefühle des Lesers anzusprechen und nicht dessen Emotionen in Wallung zu bringen

Regel 90:

Die Gefühle seiner Leser anzusprechen ist für den Romanschriftsteller und Kurzgeschichtenerzähler nicht nur eine gute Option, sondern ein unbedingtes Muss

Regel 91:

Bei der Überarbeitung ist es unverzichtbar, jede Szene und jede Passage daraufhin zu prüfen, ob sie den Leser emotional anspricht.

Regel 92:

Bei Liebesszenen geht es vor allem um die Gefühle des Lesers

Regel 93:

Was Figuren in Liebsszenen tun, unterscheidet sich für den Leser, der sich für ihre Erlebnisse interessiert, im Prinzip nicht von dem, was sie in jeder anderen Szene tun

Regel 94:

Wichtigste Bestandteile einer Liebsszene sind Spannung und Zärtlichkeit

Regel 95:

Spannung in Liebesszenen entsteht, indem man eine Beziehungskrise einführt, die Erfüllung der Liebe hinauszögert oder die Liebenden so lange getrennt hält, wie es noch glaubwürdig erscheint. Der Ausgang der Szene muss so lange wie möglich ungewiss bleiben

Regel 96:

Zärtlichkeiten in einer Liebesszene kann man durch kleine Gesten andeuten

Regel 97:

Wie jede andere Szene muss auch eine Liebesszene integraler Bestandteil der Geschichte sein. Sie muss die Handlung des Romans oder der Erzählung vorantreiben

Regel 98:

Liebesszenen eignen sich hervorragend zur Figurencharakteristik

Regel 99:

Mit Liebesszenen kann man beim Leser Sympathie oder Antipathie für bestimmte Figuren erzeugen

Regel 100:

Bei jeder Szene sollten Sie die Dinge aus der Sicht jeder einzelnen Figur betrachten

Regel 101:

Wonach eine Figur strebt, das sollte auch ihre Gedanken und Handlung während der ganzen Szene bestimmen

Regel 102:

Verfolgen Sie zwei Figuren in einer Szene die gleichen Interessen, sollten Sie einer ein anderes Ziel geben, um damit die Basis für den dramatischen Konflikt zu schaffen

Regel 103:

Dialog ist auch eine Handlung

Regel 104:

Eine Handlung oder Motivation muss sich aus den Charakteren und der geschichte herleiten und erklären lassen, wenn sie zufällig erscheint, ist sie für den leser nicht glaubwürdig

Regel 105:

Eine überraschende Wende muss organisch in die Geschichte passen, sonst wirkt sie wie ein Eingriff des Autors

Regel 106:

Der Autor weckt in dem Leser einen Wunsch und zögert dessen Erfüllung so lange wie möglich hinaus

Regel 107:

Der Auftritt einer weiteren Figur oder das nicht zufällige Eintreten eines Ereignisses kann zum entscheidenden Wendepunkt in einer Liebesgeschichte werden

Regel 108:

Erfahrene Autoren zeigen dem Leser Charaktere, die schon bei ihrem ersten Auftritt seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, selbst wenn sie in alltäglichen Situationen gezeigt werden

Regel 109:

Was eine Figur außergewöhnlich und unverwechselbar macht, sollte schon bei ihrem ersten Auftritt deutlich werden

Regel 110:

Ein Schriftsteller ist vor allem ein Wortjongleur, ein Schöpfer von Bedeutungen und Gefühlen, einer, der mit feinen Nuancen spielt, mit den Zwischentönen, was in den Worten mitschwingt

Regel 111:

Exzentrik bringt die Charakterisierung auf den Punkt

Regel 112:

Exzentrisches Verhalten wird meist von anderen, seltener vom Exzentriker selbst wahrgenommen, der sein Verhalten in der Regel für ganz normal hält

Regel 113:

Durch Handlung zu charakterisieren ist meist effektiver als durch Beschreibung zu charakterisieren

Regel 114:

Um eine Handlung zu beschreiben, die charakerisiert, sollte man Worte wählen, die nicht nur die Figur charakterisieren, sondern beim Leser auch ein Bild hervorrufen

Regel 115:

Widersprüchliche Aspekte sind hervorragende Charakterisierungsmittel

Regel 116:

Wenn man eine Figur einführt, die in einer bestimmten Szene eine gewisse Machtposition hat, sollte man sie auch in ihrer Verletzbarkeit oder mit ihren Schwächen gezeigt haben, bevor sie ihre Macht ausübt

Regel 117:

Will man eine Figur einführen, die in der betreffenden Szene emotional oder körperlich verletzt wird, sollte man sie zuvor in ihren Stärken zeigen

Regel 118:

Eine Figur aus der Sicht einer anderen Figur zu schildern ist eine effektive Möglichkeit der Charakterisierung

Regel 119:

In dem man die Sprachbeherrschung der Dialogpartner nachbildet, kann man die Figuren schnell charakterisieren

Regel 120:

Um das Herkunftsland einer Figur im Dialog zu kennzeichnen, genügt manchmal ein landestypischer begriff oder entsprechender Hinweis

Regel 121:

Die aufregendsten Bösewichter sind die, die einen ganz normalen Eindruck machen, zumindest auf den ersten Blick

Regel 122:

Wenn man eine Figur mit spezifischen Eigenheiten ausstatten will, stellt man sie sich am besten in verschiedenen Situationen vor, bei der ersten Begegnung, als Greis oder ganz nackt

Regel 123:

Man kann mit einer gut charakterisierten Figur für Humor sorgen, wenn die Handlung und Dialoge zu diesem Charakter perfekt passen, ihn etwas übertreiben oder fast bizarr machen

Regel 124:

Man sieht eine Figur in einem ganz anderen Licht, wenn man sie sich schreiend, klagend, in Kindersachen oder Kleidern, nackt oder an der eigenen Tür anklopfend vorstellt

Zum Schluss noch eine…nicht vergessen

Schreiben heißt Umschreiben, denn der erste Entwurf ist meistens nur für die eigene Schublade gedacht. Lassen Sie einfach mal den eigenen Text einen Monat lang reifen. Die Wiederverkostung ist erstaunlich.